WINTERWHITE LANDSCAPES

 

Prokops Malerei basiert auf organischen Strukturen, die im Lauf der Zeit schrittweise abstrahiert werden.

Waren seine frühen Bilder noch als an Farbfeldmalerei erinnernde Landschaftsbilder lesbar, so wurden spätere Arbeiten zu einem Mikrokosmos an unglaublicher Fülle und Dichte: Landschaft als Blick auf ihre innere Ordnung mit ihren das regelmäßig unregelmäßige Chaos widerspiegelnden Details in Form von unzählbaren Punkten und Kreisen, eng und leinwandfüllend nebeneinandergesetzt.

 

Diese konsequente Suche nach Struktur und Gliederung führt er nun auf überraschende Weise weiter, indem er seine vibrierenden Bildwelten neu schichtet, den Unter- bzw. Hintergrund wieder hervortreten lässt. 

Raum als solcher bekommt insgesamt eine andere Bedeutung, er öffnet und weitet sich großzügig, ein nach wie vor dicht strukturiertes breites Band an kleinteiligen, auch haptisch spürbaren kreisförmigen Erhebungen befindet sich im unteren Bildteil, der Rest der Fläche bleibt glatt, luftig, dezent farbig, - nahezu monochrom.

 

Dabei forciert Claus Prokop bestimmte Gestaltungsprinzipien und Techniken, wie den zügigen, flächigen Farbauftrag mehrerer übereinanderliegender Schichten sowie das dazu gegensätzliche, einem handwerklich-manuellen Herausschälen vergleichbaren Offenlegen früherer Ebenen bzw. den punktuell haptisch spürbaren extrem dicken Farbauftrag bis hin zum segmenthaften Ausschneiden einzelner Partien.

In seinen neuen Bildern rückt er zudem noch von der Leinwand als klassischem textilen Bildträger ab, benützt stattdessen industriell gefertigte glatte Hartfaserplatten, die die Verwendung von Lack zulassen. Dadurch entsteht ein noch stärkerer materialbezogener Kontrast, ein anderes Arbeiten als bisher wird möglich. Dem Reiz dieser Materialästhetik setzt er eine fast verschwindende, reduzierte Farbigkeit entgegen, wobei es ihm gelingt, aus pastellfarbigen Ton-in-Ton-Schattierungen subtile Kompositionen zu schaffen, deren Spannung auch auf einem Oszillieren zwischen Flachheit und Tiefe beruht.

 

Über Claus Prokop, der sowohl ein Architektur- als auch ein Malereistudium absolviert hat, schreibt Robert Menasse 1998:“..... Ich glaube, daß Claus Prokop nichts anderes tut, als dies: Mit Mißtrauen gegenüber der „eigenen Brille“ alles neu zu sehen – und sich im Neugesehenen mit den Sehgewohnheiten auseinander zu setzen, sich durch sie im Ungewohnten zu orientieren.....“ 

 

Seine Herangehensweise ist sowohl formal als auch inhaltlich mit dem Thema Natur bzw. Landschaft verknüpft, wobei dessen narrative Bedeutung zurücktritt und zum großen Überthema und Ausgangspunkt für weiterführende Untersuchungen wird. 

So sind im Grunde genommen alle Bilder Skizzen für zukünftige Arbeiten. Dies führte dazu, dass äußere Einflüsse als Quelle immer mehr an Bedeutung verloren. „Die Basis meiner Arbeiten sind vor allem meine Arbeiten – Autogamie* als künstlerische Strategie - und dies nicht nur in inhaltlicher Hinsicht “ (Prokop). Mit Hilfe audiovisueller Medien, vorerst  Super 8 Film und Fotokopierer, in weiterer Folge Video, digitale Fotografie und Computer wird die visuelle Information vorhandener Bilder weitertransferiert. 

 

Durch die raumbezogene Inszenierung treten die Objekte in den Hintergrund und erhalten so eine neue Gewichtung in einem weit über das einzelne Werk hinausführenden Kontext. Erst diese Fülle an Unterschiedlichem lässt ahnen, wie konsequent und intensiv sich Claus Prokop mit ganz elementaren Gestaltungsprinzipien, aber auch mit dem komplexen Bereich Malerei an sich beschäftigt. Mit hoher technischer Präzision kreiert er immer weiterführende Arbeiten, die auch neue Fragen an das Medium an sich thematisieren. Die Beziehungen Raum-Flachheit, Davor-Dahinter, Eigenständigkeit der verwendeten Farbe und Materialien sind dabei nur einige Aspekte.

 

Malerei ist primär ein Ort des Visuellen, die sichtbare Natur war bzw. ist seit langem eines ihrer Hauptthemen, kein Wunder also, daß dies auch für Künstler im zeitgenössischen Kontext nach wie vor eine Herausforderung ist, gerade weil sich daran - ohne konkrete räumliche Situationen zu meinen- etliche elementare Fragen und Strukturen festmachen lassen.

 

(Alexandra Grubeck)

 

*autogam (gr.-nlat.) sich selbst befruchtend (Biol.), Autogamie Selbstbefruchtung, geschlechtliche Fortpflanzung ohne Partner